AleaThoron
   
  FairyCat's Potions and Passions
  Kapitel 08 — Unannehmlichkeiten
 
DISCLAIMER: Ich verdiene kein Geld damit, habe jedoch genau den unglaublichen Spaß, der nicht mit Geld aufzuwiegen ist. Alle agierenden Personen gehören JKR. Ich habe sie mir heimlich ausgeborgt, verspreche aber, gut auf sie aufzupassen und sie wohlbehalten und an Erfahrungen reicher und gereifter wieder zurückzugeben.
 
Beta: Deep Water — Mein ganz spezieller Dank gilt meinem Beta, der eigentlich mein Vater ist, und der es sich trotz seiner schweren Krankheit nicht nehmen ließ, mein erster Kritiker zu sein.
 
 
Coniunctio perpetua by Alea Thoron
 
 
Kapitel 08 — Unannehmlichkeiten
 
Halb kniete er vor dem Sessel in ‘ihrem’ Turmzimmer, halb lag er darüber. Er hatte die Arme um die Lehnen geschlungen, während sein gesamter Körper von unkontrollierten Schluchzern geschüttelt wurde und Tränen in einer Sturzflut seine Wangen hinunter rannen. Noch nie in seinem ganzen Leben hatte er in einer solchen Situation derartig die Nerven verloren, hatte seinen Tränen hemmungslos ihren Lauf gelassen.
 
Er hatte sie verloren. Ein einziges Wort von ihm hatte ausgereicht, all seine Hoffnungen auf eine Zukunft mit ihr zu zerstören. Ein einziges Wort, in einer Situation ausgesprochen, in der er nicht mehr Herr seiner Sinne gewesen war, nur noch irgendjemanden verletzen wollte — egal wen — ließ seinen Lebenstraum platzen wie eine Seifenblase. Schlammblut!
 
Oh, Merlin, wie hatte es ihm geschehen können, sich derartig hinreißen zu lassen, so die Beherrschung zu verlieren. Ausgerechnet ihr gegenüber, dem Mädchen gegenüber, das er mehr liebte als sein Leben. Die Frau, die trotz aller Warnungen und Einwände ihrer Gryffindor-Freunde an ihn glaubte, die ihn verteidigt und ihm geholfen hatte, wann immer ihre Haus-Mitbewohner sich über ihn lustig gemacht oder ihn gequält hatten.
 
Er hatte gebettelt und gefleht. Zuerst, wenn sie ihm begegnet war. Es war ihm gleichgültig gewesen, wie viele Leute um sie beide herumstanden oder wo sie sich gerade befanden. Doch später, nachdem sie nicht einmal mit ihm reden wollte, ihm die kalte Schulter zeigte und sich benahm, als wäre er überhaupt nicht vorhanden, in Briefen, von denen er nicht einmal wusste, ob sie sie überhaupt las.
 
Und nun hatte er sie sich mit Potter — ausgerechnet Potter — unterhalten gesehen, hatte mit ansehen müssen, wie Potter ihren Arm leicht berührte, wie aus Versehen, hatte mit eigenen Augen gesehen, wie sie über irgendetwas, das er gesagt hatte, laut mit ihm lachte. Sie stand dort, schön wie ein junger Frühlingsmorgen — und absolut unerreichbar für ihn ...
 
Severus war nach dem ‘Besuch’ von Kingsley Shacklebolt in einen unruhigen Dämmerschlaf verfallen, der seiner schweren Verletzung geschuldet war und aus dem er in dem Moment hochschreckte, als Poppy Pomfrey die Tür öffnete. Er war dankbar, aus diesem Alptraum erwacht zu sein. Auch nach all diesen Jahren, und obwohl er sie in seinem Denkarium abgelegt hatte, verfolgte ihn diese schreckliche Erinnerung noch immer mit all ihrer Erbarmungslosigkeit.
 
Poppy dirigierte mit ihrem Zauberstab ein riesiges Tablett vor sich her, das sie kurz über seine Bettdecke schweben ließ, um ihm Zeit zu geben, sich aufzusetzen. »Mittagessen, Severus. Und dieses Mal wirst du nicht nur picken wie ein kleines Vögelchen, mein Junge. Du brauchst deine Kraft noch«, sagte sie bestimmend.
 
»Ich brauche nicht nur meine Kraft, ich brauche meinen Zauberstab! Und zwar, bevor Kingsley ihn findet«, war die einzige knurrige Antwort, während sein Blick allerdings bereits begehrlich über die vielen Köstlichkeiten schweifte.
 
»Nun, ich wage zu bezweifeln, dass Kingsley die leiseste Chance hat, auch nur in die Nähe von Etwas zu kommen, das den Anschein erweckt, es könnte dein Zauberstab sein.« Poppy konnte ihr Schmunzeln nicht unterdrücken. »Übrigens habe ich ihn vorhin in der Heulenden Hütte nicht gefunden. Wäre auch zu einfach gewesen, oder?«
 
»Das habe ich auch nicht ernsthaft erwartet, Poppy. Abgesehen davon, wenn ich Shacklebolt wäre, hätte ich als erstes dort nachgesehen, bevor ich mich auf den Weg ins Schloss gemacht hätte«, antwortete Severus und spießte einen Bissen Lammkotelett auf seine Gabel. Kurze Zeit später schloss er die Augen, als er genüsslich kaute. »Die Elfen haben sich wieder selbst übertroffen.«
 
Poppy strahlte. »Ich werde das Kompliment weitergeben. Meiner Meinung nach hat Kingsley übrigens genau das getan. Wie sonst sollte ich mir die Spinnweben auf dem Rücken seines Hemdes erklären, wenn er nicht auf allen Vieren durch die Gänge und in die dunkelsten Ecken der Heulenden Hütte gekrochen wäre. Dann wäre auch seine Forderung, ihm deinen Zauberstab zu übergeben, überflüssig gewesen.«
 
»Spinnweben?« Severus’ Augenbraue hob sich amüsiert.
 
»Eine Masse davon.« Poppy grinste.
 
»Vielleicht solltest du sie fragen.« Er gab vor, gelangweilt zu sein.
 
»Wen?« Dieses Mal war es Poppys Augenbraue, die alarmiert noch oben schoss.
 
»Sie!« Als Poppy noch immer keine Anstalten machte, darauf zu reagieren, schaffte er es nicht mehr ganz, die Contenance zu bewahren, und verdrehte die Augen. »Merlin, Poppy, Miss Granger
 
»Wie oft soll ich es dir eigentlich noch sagen: Ich weiß nicht, warum ich ausgerechnet sie fragen sollte.«
Poppy verdrehte nun ihrerseits die Augen. »Abgesehen davon glaube ich, dass er gut dort aufgehoben ist, wo er sich jetzt befindet. Hier brauchst du ihn sowieso nicht«, setzte sie mürrisch hinzu.
 
»Aber ich fühle mich nackt.«
 
»Du bist nackt!«, stellte sie das Offensichtliche fest.
 
Eine leichte Röte überzog langsam sein Gesicht und seinen Oberkörper. Niemand, der ihn kannte — außer Poppy — würde sich vorstellen können, dass gerade ihm dies passieren könnte. »Erinnere mich bloß nicht daran«, brummte er. »Ich hoffe, dass du diesen Zustand schnellstmöglich zu ändern gedenkst.«
 
»Wenn du alles aufgegessen hast, könnte ich eventuell gewillt sein, darüber nachzudenken«, neckte sie ihn.
 
»Hartherzige Frau!« Der Tonfall strafte seine Worte Lügen. Trotzdem griff er erneut zu seiner Gabel und aß gehorsam weiter.
 
*'*'*'*'*
 
Als Hermione und Harry Luna verließen, damit sie das Interview für den Klitterer in die richtige Form bringen konnte, senkte sich bereits langsam die Abenddämmerung über die Ländereien von Hogwarts. Es war ein langer und anstrengender Tag gewesen; zumindest in psychischer Hinsicht hatte er sie vollkommen ausgelaugt und Harry hoffte, dass Kingsley Shacklebolts Eule endlich den Weg zu ihnen finden würde. Er sehnte sich nach nichts mehr, als dass er endlich zum Grimmauldplatz zurückkehren konnte.
 
Dieses Haus war sein erstes wirkliches Zuhause, es gehörte ihm, ihm ganz allein. Auch wenn er sich in Hogwarts sehr wohl gefühlt hatte, ein richtiges Heim war auch dieses Schloss für ihn nie gewesen. Immer hatte er hier die Blicke der anderen gespürt, hatte ihn seine Vergangenheit eingeholt, an die er sich selbst nicht erinnern konnte und die ihn doch als das Image verfolgte, der Junge-der-lebte zu sein.
 
Wie sehr hatte er sich einst gewünscht, mit Sirius zusammen in dem Haus am Grimmauldplatz leben zu dürfen. Doch auch das hatte nicht sein sollen. Obwohl er hier in Hogwarts zum ersten Mal in seinem Leben einigermaßen unbeschwert gewesen war — wenn auch immer nur für kurze Zeit — war sein wirklicher Traum der von der Zugehörigkeit zu einer eigenen Familie gewesen. Nun richtete er seine Gedanken auf eine Zukunft mit Ginny, die bereit zu sein schien, ihr Leben mit ihm zu teilen.
 
Harry hatte sich noch nicht entschieden, ob er nicht das Cottage in Godric's Hollow wieder aufbauen und darin wohnen wollte. Das Stadthaus in London war sicherlich schön, zumindest, wenn er es nicht nur wieder bewohnbar machen, sondern es in seinen alten Glanz zurückversetzen könnte, aber das Cottage wäre für zukünftige Kinder weitaus besser geeignet.
 
Jetzt jedoch waren andere Dinge erst einmal wichtiger. Er drehte sich zu Hermione herum und schaute sie erneut genauer an. Die dunklen Ringe unter ihren Augen waren noch tiefer geworden und die rote Narbe an ihrem Hals stach extrem hervor, da die sie umgebende Haut unglaublich blass war. Die letzten Stunden mussten sie noch viel stärker angegriffen haben als ihn, da Hermione sich für Severus Snape verantwortlich fühlte. Wie sie sich für alles und jedes verantwortlich fühlte. Sie sah aus, als hätte sie kaum noch etwas zum Zusetzen, sowohl physisch als auch psychisch.
 
Harry erinnerte sich daran, was sie ihnen über ihre Eltern gesagt hatte. Sie hatte ihr Gedächtnis verändert und sie nach Australien geschickt, um sie vor Voldemort und seinen Todessern in Sicherheit zu bringen. Er schüttelte innerlich seinen Kopf. Dumbledore hatte Recht: Was für ein unglaubliches Mädchen.
 
Ohne dass er auch nur eine Ahnung davon gehabt hatte, hatte Hermione sich mutterseelenallein eine neue Aufgabe gestellt. Sie hatte im Verborgenen das Leben von Severus Snape gerettet, so, wie sie viele Dinge ohne viel Aufhebens darum tat. Harry wusste ganz genau, dass sie ohne dieses Mädchen, das seine beste Freundin war, da draußen nicht überlebt hätten. Er selbst war nur ein mittelmäßiger Zauberer, darüber machte er sich nicht die geringsten Illusionen. Vielleicht wäre das anders gewesen, wenn er sich mehr mit dem Unterrichtsstoff und nicht so viel mit Quidditch beschäftigt hätte. Hätte und wenn. Wie oft schon hatte er sich selbst gesagt, dass man vergebenen Chancen nicht nachtrauern sollte. Aber aus Vergangenem lernen sollte man durchaus.
 
»Du kommst doch mit zum Grimmauldplatz, oder?«, fragte er sie.
 
»Natürlich. Was meinst du, wie sehr ich mich auf ein richtiges Bett freue.« Hermione lächelte ihn an. »Du glaubst doch nicht wirklich, dass ich mir diese Gelegenheit entgehen lasse.«
 
»Dann können wir nur hoffen, dass diese bewusste Eule von Shacklebolt sich nicht als Zwillingsbruder von Errol entpuppt.« Das brachte Hermione richtig zum Lachen.
 
Wie aufs Stichwort hörten sie das Flügelschlagen eines großen Vogels. Als sie zum Himmel blickten, sahen sie einen großen Bartkauz, der sich im Anflug befand. Er landete direkt vor ihnen und streckte Harry sein Bein mit dem darumgewickelten Brief entgegen. Hermione holte aus der Tasche ihrer Roben einen Eulenkeks, der gnädig akzeptiert wurde.
 
Sehr geehrter Mister Potter,
wir haben das Haus durchsucht und keine Todesser, dafür jedoch ein widerliches Durcheinander vorgefunden. Das kleine ‘Problem’ in der Eingangshalle wurde von John Dawlish beseitigt. Wie mit Minerva McGonagall abgesprochen, wurde der neue Fidelius-Zauber gesetzt.
Hochachtungsvoll
Kingsley Shacklebolt
Amtierender Zaubereiminister
 
PS: Sie hätten uns warnen können. Als Ausgleich dafür haben wir Ihnen die Aufräumarbeiten hinterlassen.
 
las Harry laut vor. Der Nachsatz ließ Harry und Hermione grinsen. Schon allein, sich die Situation vorzustellen, war zu amüsant.
 
Die Eule erhob sich majestätisch wieder in die Lüfte und verschwand.
 
»Kreacher!«, sagte Harry aufs Gradewohl und der alte Hauself apparierte mit einem leisen Plopp. Noch bevor er irgendetwas sagen oder sich auch nur verbeugen konnte, teilte Harry ihm mit: »Wir kehren nach Hause zurück.« Das glückliche Strahlen in Kreachers Gesicht konnte niemand übersehen. »Kümmere dich erst mal nicht um das Durcheinander, das dort herrscht, sondern mache uns bitte irgendetwas zu essen. Wir gehen hinunter nach Hogsmeade zum Apparierpunkt und kommen dann sofort nach.«
 
»Sehr wohl, Master.« Kreacher verbeugte sich so tief, das seine Schnauzennase beinahe den Erdboden berührte, und disapparierte mit einem Plopp.
 
Hermione und Harry schlenderten langsam hinunter zu den Toren von Hogwarts. Doch sobald sie diese hinter sich gelassen hatten, begann ihre Anspannung zu wachsen. Hier, außerhalb von Hogwarts, gab es keine Banne mehr, die sie beschützen konnten, hier waren sie wieder auf sich allein gestellt. Da sie sich mehr auf ihre Umgebung als auf den Weg konzentrierten, dauerte es nicht lange, bis Hermione über eine Wurzel stolperte, das Gleichgewicht verlor und der Länge nach auf dem Boden aufschlug. Irgendetwas schlitterte aus der Innentasche ihrer Robe und sie griff danach. Im selben Augenblick stoben kleine goldene Funken aus der Spitze.
 
»Seit wann produziert dein Zauberstab goldene Funken?«, fragte Harry völlig verdutzt. »Ich dachte immer, es wären rote. Oh … hast du dir wehgetan?« Schuldbewusst streckte er die Hand aus, um ihr hochzuhelfen.
 
Sie ließ sich hochziehen. »Das … ist … nicht … mein Zauberstab, Harry«, gab sie widerstrebend zu.
 
»Waaas? Doch nicht Sn…?« Er konnte es nicht einmal aussprechen, nein, das konnte einfach nicht sein.
 
»Doch, er gehört Professor Snape«, bestätigte Hermione seine dunkle Ahnung.
 
»Du hast ihn?«, fragte Harry fassungslos. Er fühlte sich wie vor den Kopf gestoßen. »Aber du hast doch gesagt … dort, in Professor McGonagalls Büro …«
 
Sie zuckte mit den Schultern. »Und? Das ist etwas, was niemanden dort irgendetwas anging!« Sie hatte einen rebellischen Zug um den Mund und ihre Stimme klang regelrecht aufmüpfig.
 
»Du hättest ihn heute Morgen Madame Pomfrey übergeben können«, erklärte Harry immer noch konsterniert. Hermiones Verhalten war ihm unverständlich, machte ihn regelrecht sprachlos. Vorhin, im Büro der Schulleiterin, hatte er sogar geglaubt, einen fremden Menschen neben sich sitzen zu haben. Er hatte sie noch nie auf eine solche Art und Weise — derart despektierlich und unerbittlich — mit einer Professorin oder einer anderen Autoritätsperson, und schon gar nicht dem Amtierenden Zaubereiminister reden gehört. Dies hätte er von vielen anderen, aber nicht von Hermione, erwartet.
 
»Und dabei riskieren, dass Kingsley Shacklebolt ihr den Zauberstab abnimmt? Nein. Ganz bestimmt nicht. Ich glaube nicht, dass Madame Pomfrey sich mit Erfolg hätte gegen ihn durchsetzen können. Sie ist sicherlich eine hervorragende Medihexe, aber gegen Shacklebolt … naja. Es ist besser so, dass sie nicht einmal weiß, wo der Zauberstab abgeblieben ist«, erklärte sie, während sie weitergingen. >Obwohl sie höchstwahrscheinlich vermutet, dass er in meinem Besitz ist.<
 
»Merlin, Hermione …!«, versuchte Harry zu Hermione durchzudringen.
 
»Bei mir ist er sicherer. Zumindest, solange Professor Dumbledore seine mir gegebene Zusage einhält, Shacklebolt keine Informationen über den Lebensretter zu geben …«, setzte sie in Gedanken versunken hinzu.
 
»Hmpf!«, war die missbilligende Antwort.
 
Kurze Zeit später apparierten sie direkt auf die oberste Stufe des Hauses am Grimmauldplatz.
 
Kreacher riss die Tür auf, noch bevor sie den Türklopfer betätigen konnten, und mit einer tiefen Verbeugung und einem »Willkommen, Master, Miss. Das Essen steht bereits auf dem Tisch.« ließ er sie herein. Er wirkte selbst für seine Verhältnisse bedrückt. Köstlichste Düfte zogen bereits aus der Küche durch den Korridor in den Eingangsbereich und Harrys Magen begann — wie auf Kommando — laut zu knurren. Beide hielten sich gleichzeitig die Hand vor den Mund, um ihr lautes Lachen zu ersticken, und damit dem Brüllen von Mrs. Black zu entgehen. Bei einem flüchtigen Blick auf den alten Hauself stellte Hermione allerdings fest, dass Kreachers Mundwinkel sich belustigt nach oben gezogen hatten, obwohl er versuchte, dies mit aller Macht zu unterdrücken.
 
»Das riecht phantastisch, Kreacher«, flüsterte Harry, als er sich wieder ein wenig unter Kontrolle hatte.
 
Man konnte erkennen, dass Kreacher über das Lob hoch erfreut war. »Kreacher hat in der Küche gedeckt«, gab er leise zur Antwort.
 
Das ließen die beiden sich nicht zweimal sagen. Sie huschten vorsichtig am Portrait von Walburga Black vorbei in die Küche, wo bereits eine Platte mit Rinderbraten, Kartoffeln und Selleriegemüse auf sie wartete, worüber sie sich sofort mit großem Appetit hermachten. Sie beendeten ihre Mahlzeit erst, nachdem sie sich beide kaum noch rühren konnten.
 
»Wir sollten bald einen Rundgang durch das Haus machen, Harry«, schlug Hermione in dem Moment vor, als Kreacher mit einer großen Schüssel und zwei kleinen Schalen in die Küche kam. Sie konnten gerade noch den Rest seiner leisen Bemerkung aufschnappen, als er vor sich hinmurmelte: »… wie die Vandalen gehaust.«
 
»Ist es so schlimm?«, fragte Harry, als Kreacher die Sachen auf dem Tisch abstellte.
 
Er schaute Harry mit wässrigen Augen an. »Schlimmer, Master. Kreacher hatte nur die Zeit, die Küche aufzuräumen und die zerstörten Kleinodien und Kostbarkeiten an die Wände der Eingangshalle zu schieben sowie den Korridor begehbar zu machen, nachdem er hierher apparierte. Mehr hat Kreacher nicht geschafft.« Er klang verzweifelt und resigniert.
 
»Mach die keine Sorgen, Kreacher, wir werden das alles in Ruhe angehen. Erst mal verschaffen wir uns einen Überblick über die Gesamtsituation und dann werden wir entscheiden, was zu tun ist«, versuchte Harry den alten Hauself zu beruhigen.
 
»Master ist nicht böse auf Kreacher?«, fragte dieser erstaunt. »Kreacher hat nicht genug gearbeitet …«
 
»Du hast in der kurzen Zeit mehr als genug getan, Kreacher! Und warum sollte ich böse sein? Ich bin froh und dankbar, dass du damals, als die Todesser durch unsere Schuld in dieses Haus eindringen konnten, nach Hogwarts flüchten konntest und die Letzte Schlacht unverletzt überlebt hast. Und wir sind sehr, sehr stolz auf dich.« Er sah wieder das Bild vor sich, als Kreacher allen anderen Hauselfen von Hogwarts voran sich in die Letzte Schlacht gestürzt hatte, um sich Voldemort und seinen Todessern mit nichts als Küchengeräten in den Händen entgegenzustellen. Oh ja, er war unheimlich stolz auf ihn.
 
Kreachers Augen waren bei Harrys Worten immer größer geworden. Mit einem voller Ehrfurcht geflüsterten »Master!« wollte er sich vor Harry auf den Boden werfen, aber Harry packte ihn im gleichen Moment an den Schultern und hinderte ihn daran.
 
»Nein, Kreacher, du brauchst dich vor niemandem jemals wieder auf den Boden zu werfen, weder vor mir, noch vor irgendjemandem anderen. Du hast unglaublichen Mut und grenzenlose Treue bewiesen. Ich bin glücklich, dich bei mir zu haben«, sagte er und stellte ihn aufrecht hin.
 
Hermione überrollte eine Woge von Freude und Stolz auf ihren besten Freund, als sie sah, wie glücklich Kreacher war. Harry hatte sich enorm verändert.
 
»Kreacher hat Nachtisch gemacht, Trifle.« Er deutete auf die Schüssel, die er vorhin auf dem Tisch abgestellt hatte. Beide schauten einander an und zogen im gleichen Augenblick jeweils eine Schale zu sich heran, die sie sofort füllten. Nachdem sie nun auch noch das letzte verbliebene kleine Loch in ihrem Magen mit Trifle ausgestopft hatten, entschlossen sie sich, ihren Rundgang durch das Haus hier im Erdgeschoss zu beginnen.
 
Das Speisezimmer, das sie als erstes betraten, weil es im Erdgeschoss lag, bot ein furchtbares Bild der Verwüstung. Der Inhalt der Anrichte — das China-Geschirr mit dem Familien-Wappen der Blacks — und der aller anderen Schränke lag zerbrochen auf dem Fußboden verstreut neben leeren Flaschen, die vermutlich aus den Kellergewölben des Black’schen Anwesens stammten. Dazwischen lagen überall Scherben von zerbrochenen Gläsern und Karaffen, so dass die beiden vorsichtig sein mussten, wohin sie ihre Füße setzten. Die Wände waren mit irgendwelchen magischen Runen beschmiert, deren vermutlicher Ursprung Dunkle Magie war und die nicht einmal Hermione zu entziffern vermochte; die wertvollen Möbel waren zum Teil zerschlagen worden. Die Bilder in der Eingangshalle waren  — bis auf das mit dem Dauerklebefluch befestigte Bild von Walburga Black — von den Wänden heruntergerissen worden, wahrscheinlich, als sich die Todesser auf die Suche nach Verstecken für irgendwelche Kostbarkeiten begeben hatten. Harry und Hermione rechneten nun mit dem Schlimmsten, obwohl es ihrer Meinung nach wohl kaum noch schlimmer kommen konnte.
 
Sie setzten ihre Besichtigung ein wenig vorsichtiger fort, da sie sich unsicher waren, was für Abscheulichkeiten sie noch erwarten würden. Ihre schlimmsten Erwartungen wurden noch übertroffen, als sie nach oben gingen. Auch die oberen Stockwerke sahen nicht anders aus. Egal in welches Zimmer sie auch immer kamen, überall bot sich derselbe grauenvolle Anblick. Nachdem sich Hermione und Harry einen Weg durch zerbrochenes Mobiliar über den Korridor zu Sirius’ ehemaligem Schlafzimmer gebahnt hatten, erwartete sie hier ein wirkliches Bild des Grauens. Das Bett war zertrümmert, die Kissen und Bettdecken aufgerissen, so dass der gesamte Fußboden mit Federn bedeckt war. Genau wie unten waren die Wände mit diesen seltsamen Zeichen beschmiert und der Inhalt der Schränke auf dem Boden verteilt. Es stank erbärmlich. In einer Ecke fanden sie den widerlichen Auslöser dafür: Menschliche Hinterlassenschaften, ziemlich alt, aber mit irgendeinem Zauberspruch frisch gehalten. Anscheinend hatten die Todesser herausgefunden, das dies Sirius’ Raum gewesen war und auf diese Weise ihren Unmut darüber kundgetan.
 
Mit einem Schnipsen seines Zauberstabes öffnete Harry das Fenster und ließ das ‘Vermächtnis’ verschwinden. »Das bedeutet einiges an Zaubersprüchen. Und ich bin gar nicht gut in Reinigungs- und Reparierzaubern«, sagte Harry mit einem schweren Seufzer, während er sich am Kopf kratzte.
 
Hermione warf einen flüchtigen Blick zu ihm hinüber. »Dann solltest du sie schnellstmöglich von mir lernen«, antwortete sie sarkastisch.
 
Harry öffnete den Mund, um irgendetwas wahrscheinlich nicht sonderlich Höfliches zu erwidern, schloss ihn jedoch sofort wieder. Anscheinend hatte er gerade begriffen, dass sie vermutlich Recht hatte. Er würde auch später hier leben wollen, und er konnte nicht alles auf Kreacher oder Ginny abwälzen. »Komm, lass uns bei dir nachsehen«, sagte er stattdessen.
 
In Hermiones Schlafzimmer im ersten Stock stank es wenigstens nicht, obwohl auch hier alles aus den Schränken herausgerissen, die Wände beschmiert und das Bettzeug aufgerissen worden war. Halb unter dem zusammengebrochenen Schreibtisch lugte das mit rosa Katzen bedruckte Oberteil ihres Schlafanzuges hervor. Sie hatte ihn kurz vor der Hochzeit von Bill und Fleur von Ron geschenkt bekommen. Eines der jungen Kätzchen scharrte Hilfe suchend verzweifelt mit dem Pfötchen in der Luft, da ihre Hinterpfote durch ein Stück Holz eingeklemmt war. Hermione erbarmte sich sofort, auch wenn es nur eine aufgedruckte Katze war. Sie zog ihren Zauberstab heraus, hob die Reste des Schreibtisches kurz an und zog das Oberteil hervor. Trotz ihrer unmöglichen Farbe erinnerte das kleine flauschige Ding sie zu sehr an ihren Liebling Krummbein, den sie schrecklich vermisste.
 
Harry zog seinen Zauberstab, um auch hier das Fenster zu öffnen, aber Hermione fiel ihm augenblicklich in den Arm. »Durchzug«, sagte sie nur. Sie griff nach ihrem eigenen Zauberstab, ließ die Federn mit einem Schwenk wieder an ihren ursprünglichen Platz zurückkehren und verschloss das Bettzeug mit einem Nähzauber. Danach öffnete sie das Fenster. »Der Rest kommt später«, seufzte sie. Sie blieb in Gedanken versunken stehen. »Ich wage überhaupt nicht, die Bibliothek zu betreten«, gab sie nach einer Weile zu.
 
Harry schenkte ihr einen wissenden Blick. >Hermione und Bücher!< »Bringen wir es hinter uns«, sagte er und griff nach ihrer Hand.
 
Der Schock traf sie trotzdem hart genug. Sämtliche Bücher waren aus ihren Regalen gerissen worden und lagen wild durcheinander auf dem Boden. Alle Regale waren umgeworfen und zum größten Teil richtig demoliert worden. Aus Büchern herausgerissene Seiten waren im gesamten Raum verstreut, die nicht zerrissenen Bücher lagen aufgeschlagen mit verknickten oder geknüllten Seiten nach unten überall herum.
 
Hermione schmerzte bei diesem Anblick das Herz. Bücher waren seit frühester Kindheit ihre Freunde gewesen. Sie konnte bereits lesen, bevor sie in die erste Klasse der Grundschule eingeschult worden war. Sehr schnell hatte sie dort feststellen müssen, dass sie anders war als andere Kinder. Ausgegrenzt und gemieden von jenen, die eigentlich ihre Klassenkameraden und Freunde sein sollten, war sie von diesen als Freak und als Monster bezeichnet worden. Bücher waren deshalb ihre einzigen Freunde geblieben.
 
Dies hatte sich auch nicht geändert, als sie davon erfuhr, dass sie wirklich anders als die anderen Kinder war. Hogwarts hatte für sie eine neue Chance auf Freunde bedeutet, auf Kinder, die ihr in den Fähigkeiten ähnlich waren, für die sie im Kindergarten und in der Schule gefürchtet und ausgegrenzt worden war, wenn ohne ihr bewusstes Zutun um sie herum Dinge geschahen, die sie weder erklären noch verhindern konnte, die sie selbst verstörten und ängstigten.
 
Sie war jedoch zu jung gewesen, um zu erkennen, dass ihre Sucht nach Wissen und ihre Art, mit Menschen umzugehen, auch hier nicht auf Gegenliebe stoßen würden. Sie hatte deshalb auch hier keine Freunde gefunden, und dies hatte sich bis zu ihrem ersten Halloween-Fest in Hogwarts auch nicht geändert. An diesem Tag fand sie Harry und Ron, und es veränderten sich nicht nur ihre Prioritäten, sondern ihr gesamtes Leben.
 
Und nun hatten wirkliche Freaks die treuen Freunde ihrer Kindheit und Jugend angegriffen und verstümmelt. Sie spürte, wie Tränen ihren Blick zu verschleiern begannen. Wie viele Stunden hatte sie heimlich nächtens in der jetzt verwüsteten Leseecke dieser Bibliothek verbracht, hatte den Geruch von altem Papier und Leim in sich aufgesogen, während sie in antiken Wälzern schmökerte.
 
Oft genug hatte sie im Schneidersitz in der hintersten Ecke verborgen auf dem Fußboden gesessen, in der nur das schwache Leuchten ihres Zauberstabes ein Licht in die Dunkelheit brachte. Lautlos war sie damals auf allen vieren bis zu der Ecke gekrochen, von wo aus sie die restliche Bibliothek übersehen konnte, als sich die Tür das erste Mal geöffnet hatte und eine hochgewachsene schwarz gekleidete Gestalt eintrat, die zu dieser Stunde ebenfalls begierig war, die Schätze der Bibliothek der Blacks zu erforschen. Sie hatte lange geglaubt, dass er sie nicht bemerkt hatte, während sie noch vorsichtiger und leiser wieder an ihren Lieblingsplatz zurückgekehrt war. Erst irgendwann später hatte sie begriffen, dass er ihre Anwesenheit gespürt und sie stillschweigend toleriert hatte.
 
Während ihrer Suche nach dem Halbblut-Prinzen und den Recherchen dazu hatte sie jede freie Minute in der Bibliothek von Hogwarts verbracht und sämtliche Aufzeichnungen über die Schüler von Hogwarts aus den letzten einhundert Jahren durchgearbeitet. Dabei waren ihr auch die Kopien der Abschlusszeugnisse der Schüler und Schülerinnen in die Hände gefallen, darunter auch das Zeugnis von Severus Snape. Dadurch hatte sie herausgefunden, dass Severus Snape mit elf NEWTs den besten Abschluss in diesem Jahrhundert gemacht hatte. Damit lag er nur mit einem einzigen NEWT hinter Dumbledore, der seine Schulzeit im 19. Jahrhundert mit zwölf NEWTs abgeschlossen hatte.
 
Wieder war sie mit ihren Gedanken bei ihrem Professor gelandet. Es war schon seltsam, wie all ihre Gedankengänge immer wieder bei ihm zusammenliefen.
 
Neben ihr räusperte sich Harry, was Hermione wieder in die Gegenwart zurückholte. »Ich werde mich morgen, gleich nach dem Frühstück, um das hier kümmern. Es tut mir in der Seele weh, Harry. Wie kann jemand dazu fähig sein, Wissen vernichten zu wollen?«
 
Harry legte ihr die Hand auf die Schulter und drückte diese sanft. »Ich kann mir vorstellen, was du empfindest, weil ich weiß, wie sehr du Bücher liebst. Das hier ist dein Reich, Hermione; ich mische mich bestimmt nicht ein.«
 
»Es wird am Besten sein, wenn wir jetzt schlafen gehen«, sagte sie niedergeschlagen. »Keine Angst, ich helfe dir noch beim Aufräumen«, setzte sie mit immer noch feuchten Augen hinzu, als Harry protestieren wollte. Sie sah seine Erleichterung nicht mehr, da sie ihm bereits den Rücken zugekehrt hatte.
 
Sie gingen zurück in Hermiones Zimmer, wo Hermione erst einmal das Fenster schloss und dann mehrere verschiedene Aufräum-Zauber warf, um die auf dem Boden herumliegenden Sachen wieder in den Schränken verschwinden zu lassen. Danach stiegen sie erneut die Treppen hinauf, um in Harrys Schlafzimmer zurückzukehren, wo Hermione die gesamte Prozedur wiederholte und noch einen Putzzauber hinterherschickte.
 
»Danke, Hermione. Ich verspreche dir, dass ich diese Sprüche lernen werde«, sagte Harry aufatmend. Er versuchte erst gar nicht, einen Hehl daraus zu machen, dass er heilfroh über ihre Hilfe war. Er schaute sie nachdenklich an. »Mir geht einfach nicht aus dem Sinn, was Dumbledore zu dir gesagt hat, nachdem du ihn so angefahren hast. Vielleicht ist jetzt die richtige Zeit dafür, dass ich dir von dem erzähle, was ich während der Letzten Schlacht in der anderen Welt bei Dumbledore erlebt habe und was ich in den Erinnerungen von Professor Snape gesehen habe. Ich kann sowieso noch nicht schlafen und es tut auch mir gut, darüber zu reden.«
 
Hermione nickte bedächtig, setzte sich auf das Bett und zog die Beine an. »Erzähl’«, sagte sie nur.
 
Es wurde ein sehr langes und für Hermione aufschlussreiches Gespräch, das die beiden in dieser schon ein Stückweit fortgeschrittenen Nacht führten. Über Harrys Nahtoderfahrung, über seine Begegnung mit Dumbledore, dort, in der anderen Welt, und über die Erinnerungen von Severus Snape.
 
*'*'*'*'*
 
Hermione hatte sich erst nach mehreren Stunden von Harry verabschiedet, um in ihr eigenes Schlafzimmer zurückzukehren. Obwohl es bereits mitten in der Nacht war, reparierte sie mit einem leisen »Reparo!« die Regale und den Schreibtisch, ließ die restlichen Dinge vom Fußboden in den Schränken und Regalen verschwinden und warf im angrenzenden Badezimmer einen mächtigen Reinigungszauber. Sie zog sich um, kroch in ihr Bett, löschte mit dem Zauberstab das Licht und rollte sich zusammen. Doch an Schlaf war nicht zu denken.
 
Sie drehte sich auf den Rücken und starrte in die Dunkelheit. In den letzten Stunden hatte sie viele Informationen erhalten, die sie ihre Sichtweise der Dinge nochmals überdenken ließen, wenn sie sie nicht sogar ein klein wenig verschoben hatten.
 
Harrys Bericht hatte die unterschiedlichsten Emotionen in ihr ausgelöst. Am meisten interessiert hatten sie natürlich die Erinnerungen von Professor Snape, und zwar die, die er nicht als für den Klitterer geeignet gehalten hatte, doch Harry hatte — entgegen seiner sonstigen Art — ziemlich verschlossen reagiert. Die Erwachsene in ihr hatte es verstanden, war sogar stolz auf ihn, doch der wissbegierige Teil ihres Selbst war gar nicht glücklich darüber. Sie wusste nicht, welche Entscheidung Harry hinsichtlich der Erinnerungen treffen würde, die er immer noch bei sich trug. Allerdings war sie sich inzwischen ziemlich sicher, dass es die Richtige sein würde.
 
Er hatte ihr auch von Dumbledore erzählt, und wie sehr dieser ihm in der seltsamen Zwischenwelt beigestanden hatte. Sie dachte an ihre Auseinandersetzung mit dem alten Schulleiter zurück.             Nein, sie schämte sich nicht, ihre Verbitterung und ihren Zorn offen gezeigt zu haben; auch nicht für ihr wenig respektvolles Verhalten. Wenn sie ehrlich war, konnte sie Dumbledores Argumentation immer noch nicht nachvollziehen. War es das wirklich wert gewesen? Es hätte mit Sicherheit in seiner Position und mit seinen Fähigkeiten andere Möglichkeiten gegeben. Aber auch, wenn sie es immer noch nicht verstand, sie glaubte ihm — wenigstens den Teil, der Professor Snape betraf. Oder?
 
Dumbledore hatte zumindest sein Versprechen eingehalten und mit Kingsley Shacklebolt gesprochen und ihn sogar in sein ehemaliges Büro geholt. Hermione war sich allerdings nicht sicher, was sie von dem Amtierenden Zaubereiminister halten sollte. Sie hatte ihn bei den Zusammenkünften des Ordens nur von weitem gesehen, hatte selbst nie mit ihm gesprochen. Sein Verhalten heute hatte sie trotzdem mehr als nur irritiert.
 
Im ersten Moment hatte sie angenommen, dass Shacklebolts einzige Absicht darin bestand, Harry und sie mit aller Macht dazu zu überreden, sofort im Ministerium anzufangen — als so eine Art Aushängeschild, genau wie es Scrimgeour im letzten Jahr vor seinem Tod bei Harry mehrfach erfolglos versucht hatte — obwohl Shacklebolt genau das strikt von sich gewiesen hatte. Er wollte Erneuerung, Reformen — sagte er zumindest. Obwohl diese ohne Zweifel dringend notwendig waren, war es schwer für Hermione und Harry, ihm zu glauben. Seine Wahlkampfrede — Hermione hatte noch immer kein besseres Wort dafür gefunden — war zumindest bei ihr nicht auf Gegenliebe gestoßen.
 
Trotz seiner — von ihnen ihm nur mühsam abgerungenen — Zusage, sich des Problems mit dem Ministerium anzunehmen, die in Hermiones Ohren ohnehin nur halbherzig geklungen hatte, bezweifelte sie, dass Kingsley Shacklebolt ernsthaft gewillt war, seine Vorurteile und persönlichen Animositäten gegen Severus Snape abzuschütteln, und all seine Autorität für eine Rehabilitation des Professors in die Waagschale zu werfen. Doch ohne seine Hilfe waren ihre Chancen, wenn sie ehrlich war, höchstwahrscheinlich gleich Null.
 
Von welcher Seite auch immer sie die Angelegenheit betrachtete, sie konnte sich beim besten Willen nicht entscheiden, was sie glauben sollte oder was nicht. Vielleicht sah sie ja auch nur Gespenster und alles würde sich mit der Zeit in Wohlgefallen auflösen. Doch eine kleine skeptische Stimme in ihrem Ohr äußerte unüberhörbar ernsthafte Zweifel daran.
 
Hermione drehte sich auf die Seite zurück, doch der Schlaf wollte auch dann nicht kommen. Sie lag noch lange wach, konnte einfach nicht einschlafen. In ihr war eine Ruhelosigkeit, die sie nur selten erlebt hatte. Ihre Gedanken drehten sich ohne ihr Zutun im Kreis. Als sie endlich einschlief, spiegelten ihre Träume ihre wirre Gedankenwelt wider.
 
 
 
Fortsetzung folgt …
 
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